Was ist Seilzugangstechnik?
Seilzugangstechnik (SZT), auch bekannt als Seilzugangs- und Positionierungstechnik (SZP) oder in der Umgangssprache als Industrieklettern, Berufsklettern oder englisch als Rope Access, ist eine Methode für Zugang und Arbeit an schwer erreichbaren Arbeitsplätzen in großer Höhe, Tiefe oder an unzugänglichen Orten. Der Zugang ist nur durch Verwendung von Seilen und unter ständiger Absturzsicherung möglich.
Höhenarbeiter, Industriekletterer, Seilarbeiter auch als SZT/SZP-Anwender, sind stets doppelt gesichert. Sie positionieren sich für die Arbeit mit zwei Systemen: dem Tragseil und dem Sicherungsseil. Die reine Anwendung von PSAgA in Bereichen mit Absturzgefahr ist ein separater Aspekt und gehört zu den persönlichen Schutzmaßnahmen
Moderne Höhenarbeiter in Deutschland sind gut ausgebildet und arbeiten nach den Standards der Arbeitssicherheit. Sie nutzen genormte Spezialausrüstung, um sich abzuseilen und ihre Arbeiten zu verrichten. Nach Abschluss der Arbeiten können sie sich abhängig von den örtlichen Gegebenheiten entweder zum Boden abseilen oder am Seil wieder nach oben steigen. In ihrer Ausbildung werden auch Maßnahmen zur Selbst- und Fremdrettung in Notfällen vermittelt, um schnell auf Gefahren wie das Hängetrauma reagieren zu können.Wie grenzt sich Seilzugangstechnik zu anderen Kletterarten ab?
Seilzugangstechnik unterscheidet sich vom Sportklettern insofern als das es nicht darum geht, Hindernisse zu überwinden, sondern Arbeiten an Orten zu ermöglichen, die auf andere Weise nur mit hohen Kosten und Materialaufwand zugänglich wären.
Seilzugangstechnik unterscheidet sich von anderen Kletterarten durch folgende Merkmale:
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Zweck: Der Hauptzweck der Seilzugangstechnik ist der sichere und kontrollierte Zugang zu schwer zugänglichen Bereichen, wie beispielsweise Gebäudedächern oder Hochspannungsmasten. Andere Kletterarten wie Sportklettern oder Bergsteigen haben dagegen einen Freizeit- oder Abenteuercharakter.
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Ausrüstung: In der Seilzugangstechnik werden spezielle Ausrüstungen wie Klettergurt, Seil und Karabiner verwendet, um eine sichere Verbindung zum Gebäude oder Mast herzustellen. Diese Ausrüstungen werden regelmäßig gewartet und überprüft, um die Sicherheit des Kletterers zu gewährleisten. Andere Kletterarten können dagegen auch ohne solche Ausrüstungen ausgeübt werden.
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Techniken: Die Seilzugangstechnik setzt auf eine Vielzahl von spezifischen Techniken, um einen sicheren und kontrollierten Zugang zu gewährleisten. Diese Techniken sind z.B. Abseilen, Aufstieg am Seil oder Positionierung am Seil. Andere Kletterarten setzen dagegen auf andere Techniken wie das Klettern an Felsen oder Kletterwänden.
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Sicherheitsstandards: Die Seilzugangstechnik unterliegt hohen Sicherheitsstandards, die von der BG-Bau und dem Fach- und Interessenverband für seilunterstützte Arbeitstechniken vorgegeben werden. Diese Standards regeln unter anderem die Ausbildung der Kletterer, die verwendete Ausrüstung und die Durchführung von Arbeiten am Seil. Andere Kletterarten haben dagegen keine vergleichbaren Sicherheitsstandards.
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Zielgruppe: Die Seilzugangstechnik richtet sich an qualifizierte Fachkräfte, die in der Regel eine spezielle Ausbildung absolviert haben. Andere Kletterarten wie Sportklettern oder Bergsteigen können hingegen von einem breiten Publikum ausgeübt werden.
Wo kommt Seilzugangstechnik zum Einsatz?
Höhenarbeiter werden für Aufgaben eingesetzt, bei denen der Einsatz von Gerüsten oder Hubsteigern entweder gefährlich oder unrentabel ist. Zu ihren Einsatzgebieten gehören Montagen in Bereichen wie Windenergie, Stahlbau, Brückenbau und Bohrinseln, sowie Reparatur- und Wartungsarbeiten an hohen Gebäuden und Gebäudeinstallationen. Darüber hinaus führen Höhenarbeiter auch Fotodokumentationen und Baugutachten aus. Die organisierte Höhen- und Bergrettung gehört nicht zu ihren Hauptaufgaben, aber sie können in Notfällen auf Großbaustellen eingesetzt werden.
Industriekletterer arbeiten in folgenden Bereichen:
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Fassadenreinigung: Die Reinigung von Gebäuden, Brücken, Schornsteinen oder Monumenten erfordert oft einen Zugang von außen, den Industriekletterer mit Seilzugangstechnik sicher bewältigen.
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Inspektion: Industriekletterer überprüfen die Bauwerke auf Schäden und Mängel, beispielsweise bei der Überprüfung von Stahlkonstruktionen, Windkraftanlagen oder Kühltürmen.
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Montage: Durch ihre Fähigkeiten im Seilzugang können Industriekletterer auch Montagearbeiten ausführen, wie das Anbringen von Lichtern, Kameras oder Werbetafeln.
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Wartung: Industriekletterer übernehmen Wartungsarbeiten an technischen Anlagen, wie beispielsweise der Reinigung von Dachrinnen oder dem Austausch von defekten Teilen.
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Film- und Fotoproduktionen: In der Film- und Fotoproduktion werden oft Aufnahmen von höher gelegenen Standorten benötigt. Industriekletterer können hier mit ihren Seilzugangstechniken helfen, sichere Aufnahmen zu ermöglichen.
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Katastrophenschutz: Im Katastrophenschutz kommen Industriekletterer beispielsweise bei der Beseitigung von Schäden durch Naturkatastrophen oder bei Rettungsaktionen zum Einsatz.
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Andere Branchen: Darüber hinaus kommen Industriekletterer auch in anderen Branchen, wie der Schifffahrtsindustrie oder der Luftfahrtindustrie, zum Einsatz.
Das heutige Industrieklettern wurde in den 1970er Jahren in England entwickelt
Zwischen 1879 und 1900 entstanden erste bedeutende Stahl- und Eisenbauwerke. Damals stiegen die Arbeiter ohne jegliche Absicherung an diesen Konstruktionen hinauf, um dort zu arbeiten. Das wurde als Lattice Climbing bezeichnet.
Erst in den 1930er Jahren wurden Seilsicherungen in der Höhenarbeit üblich. Eine der ersten prominenten Baustellen, auf denen die Arbeiter zur Selbstsicherung verpflichtet waren, war die Golden Gate Bridge. Dank der verpflichtenden Seilsicherung lag die Mortalitätsrate weit unter dem damaligen Durchschnitt.
Die moderne Industriekletterei entwickelte sich in den 1970er Jahren in Großbritannien. Durch die Notwendigkeit, Bohrinseln in der Nordsee zu errichten, zu warten und zu sanieren, begannen britische Kletterer, Seiltechniken zu nutzen.
Allerdings wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts rudimentäre seilunterstützte Arbeitsverfahren bei der Vogeleier-Ernte an Steilklippen, insbesondere in England, durchgeführt.
Durch europäische Arbeitssicherheitsvorschriften entstand schließlich das Verfahren mit einem zweiten Sicherungsseil. Die Öl- und Gasindustrie forderte redundante Seile und arbeitsseilgerecht ausgebildete Arbeiter. In England wurde Anfang der 1970er Jahre der Verband Industrial Rope Access Trade Association (IRATA) gegründet, der heute als weltweit größte Vereinigung für seilunterstützte Arbeitsverfahren über 15.000 lizenzierte Industriekletterer zählt. Inzwischen gibt es in verschiedenen Ländern Verbindungen für solche Arbeiten, wie die IRAA in Australien, die SPRAT in den USA und den FISAT (Fach- und Interessenverband für seilunterstützte Arbeitstechniken) in Deutschland.
Industrieklettern in Deutschland
In Deutschland wurden seilunterstützte Zugangs- und Positionierungsverfahren erst seit Mitte der 1990er von der BG-Bau zugelassen. Zuvor fanden sie in einer rechtlichen Grauzone statt.
In der DDR waren sie nach den TGL reguliert, die mit der Wiedervereinigung außer Kraft gesetzt wurden. Der Fach- und Interessenverband für seilunterstützte Arbeitstechniken ist Dachverband und Interessenvertreter der Branche und gab 1997 Richtlinien für Ausbildung und Arbeitssicherheit heraus. Die von ihm vertretenen Ausbildungsstandards entsprechen internationalen Standards.
Die Anwendung von seilunterstützten Arbeitsverfahren wird in Deutschland durch die TRBS 2121-3 geregelt. Eine internationale Norm für sicheres Arbeiten am Seil existiert (ISO 10333-1 bis 10333-3), wird aber von der EU nicht übernommen.
Die Tätigkeit ist in Deutschland kein anerkannter Beruf, es gibt jedoch eine anerkannte Ausbildung in Seilzugangstechnik SZT (Level 1–3), die eine Prüfung und Ausbildung in Arbeits- und Rettungsverfahren erfordert sowie einen Erste-Hilfe-Grundlehrgang und eine Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung G41.
Eine handwerkliche Vorbildung ist nicht notwendig.
Risiken und Gefahren bei Höhenarbeiten
Industrieklettern birgt einige Gefahren und Risiken, darunter:
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Absturzgefahr: Dies ist eines der größten Risiken beim Industrieklettern. Es besteht die Gefahr, dass der Kletterer abstürzt und schwere Verletzungen erleidet oder sogar stirbt.
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Herabfallende Gegenstände: Es besteht die Gefahr, dass Werkzeuge, Materialien oder andere Gegenstände herabfallen und den Kletterer treffen.
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Elektrischer Schock: Elektroschocks können durch den Kontakt mit Stromleitungen oder elektrischen Geräten verursacht werden.
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Brand- und Explosionsgefahr: Es besteht die Gefahr von Bränden und Explosionen aufgrund von technischen Fehlern oder Unfällen.
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Gefahr durch giftige Dämpfe und Gase: Einige Industrieanlagen können giftige Dämpfe oder Gase ausstoßen, die für den Kletterer gefährlich sein können.
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Körperliche Anstrengung: Industrieklettern ist sehr anstrengend und kann körperliche Beschwerden wie Müdigkeit, Dehydrierung und Überanstrengung verursachen.
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Gefahr durch fehlende oder mangelhafte Ausrüstung: Fehlende oder mangelhafte Ausrüstung kann dazu führen, dass der Kletterer bei seiner Arbeit verletzt wird.
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Unterkühlung: Bei feuchtem Wetter oder kalten Bedingungen kann der Kletterer unterkühlen, was zu körperlichen Beschwerden und Unfällen führen kann.
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Gefahr durch Tiere: In manchen Industrieanlagen können Tiere (bsp. Vögel) anwesend sein, die dem Kletterer einen Schreck einjagen können.
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Unzureichende Kommunikation: Mangelnde Kommunikation zwischen dem Kletterern kann zu Mißverständnissen und Unfällen führen
Es ist wichtig, dass Industriekletterer sorgfältig ausgebildet und mit den erforderlichen Schutzmaßnahmen ausgestattet sind, um diese Gefahren und Risiken zu minimieren.
Wie Drohnen Höhenarbeiten sicherer machen
Es gibt zahlreiche Anwendungsgebiete, vor allem im Bereichen Inspektion und Dokumentation enger oder schwer erreichbarer Räume, in denen Drohnen hervorragende Arbeit leisten können und Menschen aus Gefahrenzonen fernhalten.
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Überwachung von schwer zugänglichen Bereichen: Drohnen können sicher und schnell schwer zugängliche Bereiche überwachen und dokumentieren, was die Notwendigkeit für Höhenarbeiten oder den Einstieg in Behälter verringert.
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Überwachung von Baustellen: Drohnen können zur Überwachung von Baustellen eingesetzt werden, um potenzielle Gefahrenquellen zu identifizieren und den Arbeitern eine sichere Umgebung zu gewährleisten.
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Inspektion von Brücken: Drohnen können auch zur Inspektion von Bauwerken wie Brücken eingesetzt werden, um Schäden und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen.
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Überprüfung von Dächern: Drohnen können eingesetzt werden, um Dächer aus der Luft zu überprüfen, um festzustellen, ob Reparaturen erforderlich sind.
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Überwachung von Windenergieanlagen: Drohnen können auch zur Überwachung von Windenergieanlagen eingesetzt werden, um Schäden und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen.
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Inspektion von Öl- und Gasplattformen: Drohnen können auch zur Überwachung von Öl- und Gasplattformen eingesetzt werden, um Schäden und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen.
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Überwachung von Funktürmen und Mobilfunkatennen: Drohnen können auch zur Überwachung von Kommunikations- und Übertragungsinfrastrukturen eingesetzt werden, um Schäden und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen.
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Überwachung von Stromnetzen: Drohnen können zur Inspektion von Strommasten eingesetzt werden.